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12.04.25 –
Im Gemeinderat von Mühlacker wurde im Dezember 2024 mit einer knappen Mehrheit beschlossen, nach knapp 30 Jahren wieder Kraftfahrzeuge in die Fußgängerzone der Senderstadt fahren zu lassen. Unter Anwohnerinnen und Anwohnern hat diese Entscheidung Kritik hervorgerufen. Daher wurde eine private Verkehrszählung installiert, deren Auswertungen nun auf einer Webseite transparent öffentlich einsehbar sind.
Kritik an der Entscheidungsgrundlage
Insbesondere die schwache Datenlage als Basis der Gemeinderats-Entscheidung wird kritisiert: "Wir sorgen uns um die Sicherheit unserer Kinder und die Aufenthaltsqualität und wir können nicht verstehen, wie der Gemeinderat eine Umfrage unter nur 23 Geschäftstreibenden als Entscheidungsgrundlage akzeptiert, während die Sichtweise von Anwohnerinnen und Anwohnern offenbar keine Rolle gespielt hat.", so Magdalena & Sebastian Gühring, Bewohner der Kernstadt, die sich mehrmals täglich in der Fußgängerzone aufhalten. „Dies ist umso bemerkenswerter, da die beteiligten Fachämter eine durchaus kritische Einschätzung bezüglich Sicherheit des Fuß-/und Radverkehrs während der Testphase abgegeben haben.“
Damit im Verlauf und zum Abschluss des Verkehrs-Experiments reale Daten herangezogen werden können, wurde nun mit Unterstützung von Liste Mensch und Umwelt (LMU), Bündnis 90/Die Grünen Ortsverband Mühlacker und Verkehrsclub Deutschland Kreisverband Pforzheim/Enzkreis (VCD) eine digitale Verkehrszählung eingerichtet, die qualifizierte Daten liefern wird, um genau zu erkennen, wie sich die Situation vor Ort im Testzeitraum entwickelt.
"Wir nehmen die Sorgen der Anwohnerinnen und Anwohner ernst. Die untere Bahnhofstraße ist eine zentrale Achse für den Fuß- und Radverkehr in Mühlacker und beliebt zum Aufenthalt. Die Sicherheit für die Menschen, für Kundinnen und Kunden steht für uns hier an erster Stelle – ganz besonders in Zeiten, in denen Autos als Waffe missbraucht werden." so Theo Seemann von der LMU-Fraktion. „Während der Gemeinderat jüngst 160.000€ für mobile Barrieren zur Veranstaltungs-Absicherung freigegeben hat, geht man in der Fußgängerzone nun also davon aus, dass man Autos ohne jegliche Barriere oder gar Bordstein direkt an Außengastronomie und Fußgängern vorbeiführen kann? Wie passt das zusammen?“, fragt dazu Sebastian Gühring.
Kriterien für einen Abbruch des Testbetriebs
Deshalb appelliert Theo Seemann an die Fraktionen: "Wir haben in der betreffenden Ratssitzung gut zugehört und nehmen die Kolleginnen und Kollegen beim Wort, das Verkehrs-Experiment ggf. auch innerhalb der ersten Monate vorzeitig zu beenden, wenn es nicht so reibungslos läuft wie erwünscht." Hintergrund: Einige Befürworter des Testbetriebs im Rat stellen sich die untere Bahnhofstraße mit Autoverkehr als verkehrsberuhigten Bereich mit Schritttempo vor, was nach Aussage der städtischen Fachämter jedoch nur bis maximal 50 Fahrzeugen/Stunde in Spitzenzeiten möglich und somit kaum vorstellbar sei. Zudem wurden zu hohe Geschwindigkeiten, überbordender Parksuch- und Durchgangsverkehr als Kriterien für einen Abbruch des Experiments benannt.
Verkehrsexperte Marlon Frommer vom VCD Pforzheim/Enz ordnet zur Datenerhebung ein: "Die nationale und internationale Studienlage zeigt ganz eindeutig, dass subjektive Wahrnehmungen von Geschäftstreibenden zum Mobilitätsverhalten ihrer Kundschaft oft viel mehr mit den eigenen Verkehrsvorlieben der Befragten zu tun haben, als mit der Realität ihrer Kundschaft. Uns ist es deshalb wichtig, für die weitere Betrachtung der Fußgängerzone qualifizierte Daten bereitzustellen, damit der Stadtrat von Mühlacker bei der nächsten Entscheidung in der Sache eine gute Grundlage erhält."
Echtzeit-Verkehrsdaten für Transparenz
Die Datenerhebung erfolgt automatisiert und für die Öffentlichkeit transparent auf einer Webseite:
https://telraam.net/en/location/9000008051
Eingesetzt wird in der Mühlacker Fußgängerzone auf Privatgrund ein mit EU-Förderung im belgischen Leuven entwickeltes Gerät namens „Telraam“ aus dem Bereich „Citizen Science“, welches auch in Deutschland bereits vielerorts hilft, wertvolle Erkenntnisse über Verkehrsflüsse zu gewinnen. Die Telraam-Geräte arbeiten datenschutzkonform, erheben 24/7 vollautomatisch multimodale Verkehrsdaten und kategorisieren diese unter Verwendung künstlicher Intelligenz und neuronaler Netze in Fuß-/Rad- und Kraftfahrzeugverkehr. Der Hersteller stellt die erfassten Daten transparent und übersichtlich aufbereitet im Internet dar und gibt eine Messgenauigkeit von 99,5% an. Das Gerät in der Mühlacker Fußgängerzone ist seit Anfang Februar installiert und zeigt bereits jetzt erste Erkenntnisse:
Ein Appell an den Gemeinderat
Die Initiatoren des Projekts hoffen, dass die erhobenen Daten zu einer ausgewogeneren Diskussion führen und langfristig ein Verkehrskonzept gefördert wird, das die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt – von Anwohnerinnen und Anwohnern über Geschäftsleute und Gastronomie bis hin zu den Verkehrsteilnehmern.
Facebook: @Buendnis90.Die.Gruenen.Muehlacker
Instagram: @gruene_muehlacker
Im Gemeinderat: Liste Mensch und Umwelt (LMU)
Stefanie Seemann, unsere Abgeordnete aus dem Wahlkreis Enz.
Klemens Köberle, Angelika Denzler und Theo Seemann, unsere Stadträt:innen für Mühlacker gemeinsam mit Manfred Rapp auf der Liste Mensch und Umwelt.